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Nachricht vom 16.08.2022    

Stadtbegrünung: Chancen und Herausforderungen

Was haben Potsdam, Kassel, Bremen, Magdeburg und München gemeinsam? Diese auf den ersten Blick so unterschiedlichen Metropolen bildeten 2019 in der genannten Reihenfolge die "Top 4" der grünsten Städte Deutschlands. Der Statistik zufolge kommen in Potsdam auf jeden Einwohner 33 Quadratmeter Grünfläche. Hier scheinen andere Städte noch erheblichen Nachholbedarf zu haben. Aber ist es wirklich so einfach? Unabhängig von den positiven Eigenschaften von urbanem Grün stellt eine nachhaltige Stadtbegrünung viele Kommunen vor einige Herausforderungen.

Foto Quelle: pixabay.com / 12019

Warum Stadtbegrünung wichtig ist?
Die Vorteile von Grünflächen in der Stadt sind vielfältig. Parks, Brachflächen, Gärten und andere Grünanlagen wirken sich positiv auf die Luftqualität und das Mikroklima aus. Zudem sind sie ein natürlicher Lärmschutz. Als Lebensraum für Pflanzen und Tiere leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Biodiversität und zum Artenschutz. Als Reserveflächen tragen sie zum Hochwasserschutz bei, unterstützen die Grundwasserneubildung und den Bodenschutz. Darüber hinaus besitzen innerstädtische Grünflächen jede Menge positive Effekte auf die Bewohner: Sie sind Rückzugs- und Erholungsräume für Menschen unterschiedlichen Alters und sozialer Herkunft und haben daher erhebliche Auswirkungen auf die Lebensqualität einer Stadt.

Stadtbegrünung in Neuwied
Mit zahlreichen neu gepflanzten Bäumen, Sträuchern und Stauden investierte die Stadt Neuwied in den letzten Jahren verstärkt in die Stadtbegrünung. Um Lebensräume für Insekten und andere Tiere zu schaffen, säten das Stadtbauamt und die Servicebetriebe Neuwied verschiedene insektenfreundliche Saatgutmischungen aus und fuhren die Bewirtschaftung von Blühstreifen zurück.

Das kam bei der Mehrheit der Bevölkerung gut an. Einige Bürger kritisierten jedoch den "unordentlichen Wildwuchs". Die Stadt will den eingeschlagenen Kurs dennoch fortsetzen, jedoch die Einwohner künftig besser über die Maßnahmen informieren.

Was bedeutet "Stadtgrün"?
Hinter dem Begriff "Stadtgrün" verbergen sich sämtliche Formen urbaner Grünflächen und begrünter Gebäude. Parks, Friedhöfe, Kleingärten, Spiel- und Sportplätze zählen ebenso dazu wie Straßenbäume, Brachflächen oder private Gärten. Begrünte Fassaden oder Dächer fallen ebenfalls in die Kategorie "Begrünte Infrastruktur". Ihr gegenüber steht die sogenannte "Graue Infrastruktur", zu der unter anderem Straßen oder Parkflächen zählen.

Herausforderungen und Probleme bei der Stadtbegrünung

Falsche Erwartungen an Bäume
Bäume sind wichtige Bausteine eines durchdachten Konzeptes zur Stadtbegrünung. Ihre Baumkronen reduzieren die Sonneneinstrahlung durch ihr Blätterwerk. Durch das Wasser, das die Blätter abgeben, funktionieren Bäume auf ihre Umgebung wie eine Klimaanlage - zwischen 1 bis 8 Grad Celsius weniger sind möglich. Gleichwohl können Bäume, an den falschen Orten in der Stadt gepflanzt, auch negative Auswirkungen auf das Mikroklima haben: Die Luft kann bei enger Bebauung nicht mehr optimal zirkulieren. Hier sind Rasenflächen bisweilen die bessere Alternative.

Werden Bäume bei der Stadtbegrünung falsch gepflanzt, können sie zu einer echten Gefahr werden. Passt der Standort nicht, geht dies zulasten des Wachstums - die Bäume verkümmern, sterben ab oder werden instabil.

Die Verantwortlichen bei den Kommunen vergessen zudem häufig, dass das Pflanzen von jungen Bäumen keinen adäquaten Ersatz für Bestandsbäume darstellt. Erst ab einem Alter von etwa 50 Jahren sind Bäume in der Lage, ihre positiven Effekte auf das städtische Mikroklima voll zu entfalten. Ebenso wichtig, wie die Neupflanzung ist daher der Schutz bereits vorhandener alter Bäume.

Stadtgrün benötigt viel Pflege
Attraktiv gestaltete Parks und Grünanlagen, die den Stadtbewohnern als "grüne Oasen" für Erholung, Sport und Begegnung zur Verfügung stehen - davon träumen die meisten Kommunen. Viele von ihnen unterschätzen jedoch den Pflegeaufwand, den Stadtgrün nach sich zieht. Bäume und begrünte Flächen sind Biotope, die sich in ständigem Wandel befinden. Kontinuierliche Beobachtung und Pflege sind daher unerlässlich - andernfalls können morsche Äste bei einem Sturm schnell ein Sicherheitsrisiko darstellen, vertrocknete Rasen oder Hecken an heißen Sommertagen in Brand geraten.

Vor allem chronisch klamme Kommunen stehen vor einem Dilemma: Einerseits legen sie großen Wert auf öffentliche Grünflächen - welche Stadt schmückt sich nicht gerne für ihre weitläufigen Parks oder die große Anzahl an Spielplätzen? Andererseits sind vielerorts die kommunalen Kassen leer und die Personaldecken dünn. Bisweilen verschieben sich die Prioritäten der Städte und die Pflege des Stadtgrüns wird hinten angestellt. Damit ist der Verwahrlosung von Spielplätzen und Parks häufig Tür und Tor geöffnet.

Ein durchdachtes, auf Effizienz ausgelegtes Grünraummanagement kann auch finanziell weniger gut aufgestellten Kommunen helfen, ihr Stadtgrün in gutem Zustand zu halten.

Komplizierte Förderprogramme
2021 haben Bund und Länder die Förderprogramme zur Städtebauförderung von sechs auf drei Programme reduziert. Fortan gibt es die Förderprogramme "Lebendige Zentren - Erhalt und Entwicklung der Orts- und Stadtkerne", "Sozialer Zusammenhalt - Zusammenleben im Quartier gemeinsam gestalten" und "Wachstum und nachhaltige Erneuerung - Lebenswerte Quartiere gestalten". Hinzu kommen diverse Förderprogramme von Ministerien, der EU und der Wirtschaft. Vor allem für kleinere Kommunen gestaltet sich die Beantragung von Fördermitteln mitunter schwierig, da sie oft aufwendig ist. Hinzu kommt, dass die Förderprogramme das Thema "Stadtgrün" vielfach kaum berücksichtigen.

Interessenskonflikte zwischen Mensch und Natur
Parks, Wiesen und andere Grünflächen in der Stadt zahlen auf die Lebensqualität ihrer Bewohner ein. Allerdings herrscht vorwiegend in Ballungsräumen ein großer Bedarf an Wohnraum. Dementsprechend weisen Städte und Kommunen Baugebiete für Einfamilienhäuser aus oder errichten neue Quartiere mit Mehrfamilienhäusern. Diese Bauvorhaben gehen fast immer zulasten von Grünflächen. Auch Zufahrtsstraßen, Parkplätze oder Tiefgaragen führen zu einer Oberflächenversiegelung, welche sich auf Pflanzen, Tiere und das Mikroklima auswirkt. Bei Neubauaktivitäten sollten Städte deshalb die Stadtbegrünung im Blick behalten und Experten in die jeweiligen Projekte einbeziehen. (prm)

Autor: Christian Lerschberger



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