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Nachricht vom 12.04.2012    

DGB kritisiert die Arbeitsmarktzahlen der Agentur Neuwied

Die Zahlenwerke der Arbeitsagentur Neuwied nahm Gabi Weber vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) Koblenz unter die Lupe und kritisiert das Zahlenwerk. Allein 2700 Menschen stecken in sogenannten Maßnahmen, die große Zahl der Menschen ab 58 Jahren, die in einem vorruhestandsähnlichen Status verharren aber arbeitslos sind werden nicht erfasst. Hier die Pressemitteilung.

Region. Es ist üblich, dass die Zahlen der Arbeitlosen, die die Arbeitsagentur immer wieder veröffentlicht, nur einen Teil derer widerspiegelt, die ohne Stellen
sind. Alle Teilnehmende von Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen
sind darin nicht enthalten. Die Logik, die da hinter steckt, heißt: Wer in einer
Maßnahme ist, steht dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung und braucht
keine Stelle.

In die Zahl der Arbeitslosen wird jedoch auch eine weitere Gruppe von Menschen nicht einbezogen. Es geht dabei um die große Gruppe der Vorruheständler oder Arbeitnehmenden in „vorruheähnlichen Zuständen“, wie es im Jargon der Arbeitagentur heißt.
Konkret heißt dies für den Bereich der Arbeitsagentur Neuwied mit den Landkreisen Altenkirchen und Neuwied, wie Gabi Weber DGB aufzeigt: Die Arbeitsagentur Neuwied gibt für März 9.291 Arbeitslose an. Daneben gibt es insgesamt fast 2.700 Menschen, die z. B. in Maßnahmen stecken oder an arbeitsmarktpolitischen Programmen teilnehmen.
Darüber hinaus gibt es eine Gruppe von 900 Menschen allein in dieser
Region, die älter als 58 Jahre sind und nicht mehr erwerbstätig. Eine solche
Situation bedeutet lebenslange Abschläge auf die Rentenbezüge.
Der sogenannte „vorruhestandsähnliche“ Status nach § 53 a SGB II besagt,
wer älter als 58 Jahre ist und länger als 12 Monate Arbeitslosengeld bezieht,
ohne eine sozialversicherungspflichtige Stelle angeboten bekommen zu
haben, wird nicht mehr als „arbeitslos“ in der Statistik geführt, gilt also als
nicht mehr vermittelbar. Dies trifft in dieser Region auf 350 Menschen zu.
Weitere „vorruhestandsähnliche“ Statusbeschreibungen finden sich in § 428
SGB III, § 65 Absatz 4 SBG II und § 252 Absatz 8 SGB VI. Im Moment
befinden sich 406 Menschen in dieser Gruppe, die ebenfalls nicht in die
Arbeitslosenzahl einbezogen wird.
Die dritte Gruppe, die zu den 900 Betroffenen in den Bereich der
Arbeitsagentur Neuwied gehören, sind diejenigen, die die Altersteilzeit
nutzen. Hier handelt es sich um 141 Menschen.

Auf diesem Hintergrund kommt Gabi Weber, DGB Koblenz, zu folgendem Schluss:
„Hier stimmt etwas nicht!
In einer Abteilung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales wird die
Definition aus § 53 a SGB II und andere rechtliche Formulierungen
entwickelt, die faktisch besagen: Menschen über 58 Jahre sind nicht mehr
vermittelbar – und eine andere Abteilung desselben Ministeriums entwickelt
das Modell des gesetzlichen Rentenanspruchs mit 67 Jahren!

Das passt doch nur zusammen, wenn klar ist, worum es geht: einmal geht es
um das Vortäuschen von Vollbeschäftigung durch Schönen der Arbeitslosenzahl, d.h. es wird immerhin mehr als ein Viertel derer, die in der Region Neuwied Arbeitsstellen brauchen, nicht mehr zu den Arbeitslosen gezählt!
Und zum zweiten geht es darum, die Rentenansprüche zu kürzen, indem das
Eintrittsalter hoch gesetzt wird und früheres Ausscheiden mit lebenslangen
Kürzungen bestraft wird!“



Die Folgen liegen für die Gewerkschafterin auf der Hand: Die Einführung der Rente mit 67 bedeutet für einen noch größeren Kreis von Menschen lebenslange Abzüge und fördert damit Altersarmut von Männern und Frauen in Deutschland. Sie gehört deshalb für Weber abgeschafft. Diese Forderung erhält weiteres Gewicht durch folgende Tatsache: Bundesweit waren 2010 im Durchschnitt nur noch 12,5 Prozent der 63 jährigen und 5,7 Prozent der 64-jährigen sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
Im Umkehrschluss heißt dies, dass fast 90 Prozent aller Menschen über 63 Jahren in Deutschland nicht mehr sozialversicherungspflichtig erwerbstätig sind, obwohl zur Zeit ein gesetzliches Rentenalter von 65 Jahren gilt und dieses gerade schrittweise auf 67 Jahre erhöht wird.
Weber fordert deshalb flexible Lösungen für die Gestaltung der letzten Arbeitsjahre vor dem Eintritt in die Rente. Ein Modell könnte die Teilzeitrente in Kombination mit sozialversicherungspflichtiger Teilzeiterwerbstätigkeit sein. Damit würden weitere Rentenansprüche erworben.

In den Augen der Gewerkschafterin müsste der Fachkräftemangel dazu führen, dass solche flexiblen Lösungen schnell umgesetzt werden und die nötige politische Grundlage erhalten.
Ein zweiter Punkt: es ist ihrer Meinung nach notwendig,Gesundheitsförderung mehr in den Blick zu nehmen und Arbeitskraft erhaltende Maßnahmen für die Gruppe der 58 bis 65 Jährigen zu entwickeln und die Krankenkassen dazu zu verpflichten.

Ehrliche Zahlen:
Wenn zu den offiziellen Arbeitslosen diese große Gruppe noch hinzugezählt werden würde, dann gäbe es eine weitaus ehrlichere Basis, um zu entscheiden, was arbeitsmarktpolitisch nötig und sinnvoll ist. Mehr als ein Viertel kämen im Bereich der Arbeitsagentur Neuwied dazu und die Agentur würde für März 2012 nicht mehr 9.291 Arbeitslose angeben, sondern es wäre deutlich, dass für 12.766 Menschen
Arbeitsplätze fehlen. Diese Zahl weist die Agentur völlig verharmlosend unter
der Bezeichnung „Unterbeschäftigung“ aus.

Am meisten aufgebracht ist Gabi Weber darüber, dass 900 Menschen über
58 Jahren in dem Bereich der Agentur Neuwied keine Lobby haben. „Es wird
einfach hingenommen, dass diese Menschen sich in einem Wartezustand
zwischen Erwerbstätigkeit und Rente befinden, der für sie sowohl finanzielle
Verluste als auch Ohnmacht bedeutet – und dies während die Wirtschaft
über einen angeblichen Fachkräftemangel klagt.“



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